C1: Zerkleinerung der Nahrung und Energiegewinnung
Projektleiter/in: K.-H. Südekum & J.Hummel |
Bearbeiter/in: E. Findeisen, K. Erlinghagen |
Spezialisierte Pflanzenfresser kommen in verschiedensten Säugetiergruppen vor. Allen gemein ist die Entwicklung morphologisch unterschiedlicher, aber derselben Funktion dienender spezialisierter Mahlzähne, die eine effiziente Nahrungszerkleinerung und dadurch eine hohe tägliche Energieaufnahme mit faserreicher Nahrung ermöglichen. Diese erreicht bei Säugetieren ihr Maximum während der Laktation, in der die Futteraufnahme des laktierenden Tieres immer deutlich erhöht und somit der Kauapparat am meisten beansprucht ist. In diesem Projekt werden in einem vergleichenden Ansatz die Zusammenhänge zwischen der Ausbildung des Kauapparats bei Herbivoren, dem Kauverhalten, der damit einhergehenden Futterzerkleinerung und dem hieraus resultierenden Energiegewinn quantifiziert. Auf Basis der bei ähnlichem Futter ermittelten Kotpartikelgröße kann auf die Zerkleinerungskapazität der verschiedenen Pflanzenfresser geschlossen werden. Für ausgesuchte Arten wird der Einfluss der Laktation auf die Partikelzerkleinerung erfasst. Mit Hilfe dieser Daten wird mittels in vitro-Fermentation der Einfluss der Zerkleinerung der Nahrung auf den Energiegewinn (Ausmaß und Geschwindigkeit der Verdauung) bei den verschiedenen Pflanzenfressergruppen und während des Laktationsverlaufes simuliert. Daneben soll auch die zur Zerkleinerung von Pflanzenmaterial notwendige Energie (Zerkleinerungswiderstand) für verschiedene Grobfutter abgeschätzt werden.
Zusammenfassung der Doktorarbeit von Eva Findeisen
Der quantitative Zusammenhang zwischen Futteraufnahmemenge, Zerkleinerung des Futters mit den Zähnen und Partikelgröße der Nahrung im Verdauungstrakt und die Größenordnung resultierender Effekte auf weitere Verdauungsvariablen und den Energiegehalt des Futters von Pflanzenfressern wurden in der Vergangenheit kontrovers diskutiert. Es kann als gegeben angesehen werden, dass bei steigender Futteraufnahme die Zerkleinerungsrate der Ration und ihre Retentionszeit im Verdauungstrakt sinkt, und in der Folge davon auch die Verdaulichkeit des Futters. Zu diesem Ergebnis kommt auch die vorliegende Studie, deren Ansatz es ist, diesen Effekt quantitativ genauer zu beschreiben.
Studien, die die Partikelgröße im Kot in Abhängigkeit von der Futteraufnahme untersucht haben, wurden in der Vergangenheit bei domestizierten Wiederkäuern durchgeführt und haben erste Anhaltspunkte geliefert, um welche Größenordnung sich die Kaueffektivität pro Einheit gestiegenem Futteraufnahmeniveau ändert. Für Wildtiere ist es kompliziert solche Aussagen zu treffen, da nur selten genaue Angaben zur aufgenommenen Futtermenge vorliegen. In einer Literaturstudie der vorliegenden Arbeit wurde diese Lücke ausgeglichen über einen Faktor, der aus Milchleistung und Energiegehalt der Milch berechnet wurde und abschätzt, um wie viel der Energiebedarf laktierender Tiere über dem Erhaltungsbedarf liegt.
Mit Hilfe dieses Faktors wurde der Anstieg der Kotpartikelgröße während der Laktation abgeschätzt, der je nach Körpermasse (KM) zwischen 8,5 (über 250 kg KM) und 15,5% (unter 100 kg KM) liegt. Dieser Effekt wurde außerdem bei kleinen Wiederkäuern (Ziegen) dargestellt. Durch Beprobung der Tiere in verschiedenen Laktationsstadien konnte eine maximale Variation der Futteraufnahmemenge erreicht werden; pro Einheit Futteraufnahmeniveau ergab sich für die Partikelgröße ein Anstieg von 6 Prozentpunkten, für die Verdaulichkeit ein Abfall von 4 Prozentpunkten und für die Passagezeit der Partikelphase ein Abfall von 22 Prozentpunkten. Vergleichbare Daten zu Dickdarmfermentierern liegen bisher nicht vor; in einem fast identischen Versuchsaufbau wurde ein kleiner Dickdarmfermentierer (Kaninchen) beprobt. Hier wurde bei Verdopplung der Futteraufnahmemenge kein Effekt auf die Kotpartikelgröße festgestellt, während die Retentionszeit der Partikelphase um 38% sank. Mit Proben aus Bereichen des Verdauungstrakts (Magen, Dickdarm) wurde der Anteil des Kauens an der Nahrungszerkleinerung bei Kaninchen als sehr hoch (~98%) eingeschätzt.