A2: Kauleistung der Dentinzähne fossiler und rezenter Faul- und Gürteltiere - Wie funktionieren Säugetiere ohne Zahnschmelz?
Projektleiter/in: D. Kalthoff |
Bearbeiter/in: D. Kalthoff |
Die Aufnahme von Nahrung und damit Energie ist von vitaler Bedeutung für viele Aspekte in der Biologie und Lebensgeschichte von Tieren. Im Projekt soll die Kauleistung in den unterschiedlichen Kauapparaten fossiler und rezenter Faul- und Gürteltiere ermittelt werden. Ihre Zähne zeichnen sich durch den Verlust der harten Schmelzschicht aus, die in anderen Säugern die Scherkanten bilden. Trotzdem haben Faul- und Gürteltiere teils hochfunktionale Kaufacetten entwickelt. Wie ist das möglich?
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Abb. 1: Schädel mit Unterkiefer von Megatheriumamericanum (NRM M 4890), einem der größten Riesenfaultiere aus dem Pleistozän Südamerikas. Photo und ©: NRM Stockholm. | Abb. 2: Molariformer Backenzahn eines kleinen, megatheriiden Riesenfaultieres (MLP 325) aus dem Pliozän von Argentinien. Deutlich sind die beiden parallelen Schneidekanten zu erkennen. Photo und ©: G. Oleschinski, Bonn. |
In aufeinander aufbauenden Untersuchungsschritten sollen zuerst die mikrostrukturellen Eigenschaften der Zahnbaumaterialen biomechanisch interpretiert werden. Zentrale Fragestellung ist hier, ob die Dentinstrukturen in Faul- und Gürteltieren sich von denen anderer Säugetiere wesentlich unterscheiden. Die Kieferbewegung beim Kauakt wird mit der Kartierung von Makro-Striationen auf den Kauflächen sowie mit Hilfe von Kaumodellierungen 3D-eingescannter Gebisse (Occlusal Fingerprint Analyser, Ottmar Kullmer) ermittelt. Die Frage, was die Tiere gefressen haben, wird mittels zwei unabhängiger Methoden untersucht:
- Die Dental Microwear-Analyse untersucht mittels Mikro-Usuren auf den Kauflächen den Anteil von abschleifenden Nahrungsbestandteilen (Kooperation mit Gina Semprebon, Baypath College Longmeadow).
- Die stabile Isotopen-Analyse von Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff liefert gute Näherungen zu Nahrung und damit auch Lebensraum der untersuchten Arten (Kooperation mit Thomas Tütken, Universität Bonn).
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Abb. 3: Molariformer Backenzahn eines megalonychiden Riesenfaultieres aus dem Miozän von Santa Cruz, Argentinien (MACN 11544) im transversalen Dünnschliff. Äußerer Zement, ein zweischichtiges Orthodentin und das Vasodentin als innerste Lage sind gut erkennbar. Photo und ©: NRM Stockholm. | Abb. 4 Transversaler Schnitt durch einen molariformen Backenzahn des ausgestorbenen, nordamerikanischen Riesengürteltieres Glyptotherium (AMNH 59593). Besonders auffällig ist die innerste, verzweigte Schicht aus Osteodentin, die ein autapomorphes Merkmal der Gruppe darstellt. Photo und ©: NRM Stockholm. |
Zuletzt soll eine Partikelanalyse fossiler Dungballen für die ausgestorbenen Riesenfaultiere Aufschluss geben, zu welchem Grad die Nahrung im Maul zerkleinert wurde. Hieraus können wieder Rückschlüsse auf die Kauleistung und durch Vergleiche mit anderen großen Pflanzenfressern auch auf den Verdauungsvorgang erfolgen (Kooperation mit Jürgen Hummel, Projekt C4). Ziel ist ein deutlich verbessertes Verständnis der Paläobiologie, der Nahrung und des Lebensraumes insbesondere der plio/pleistozänen Großformen innerhalb der ausgestorbenen Faul- und Gürteltiere.