Aufgaben und Ziele
Da die Körpergröße ein grundlegendes Merkmal eines jeden Organismus ist, sind ihre Minima und Maxima von besonderem Interesse. Die Maxima sind in der heutigen Tierwelt nicht mehr vorhanden, weshalb man zu ihrer Untersuchung auf fossile Formen ausweichen muss: die sauropoden Dinosaurier.
Sauropode Dinosaurier wie Apatosaurus oder Brachiosaurus sind die größten Landtiere, die je gelebt haben, und übertreffen das Körpergewicht von Elefanten um ein zehnfaches. Sauropoden erkennt man leicht an ihrem langen Hals mit dem kleinen Kopf darauf, der von einem massigen vierbeinigen Körper getragen wird. Diese Dinosauriergruppe ernährte sich ausschließlich von Pflanzen und war mit dieser Lebensweise über 140 Millionen Jahre sehr erfolgreich.
Die Forschergruppe verfolgt zwei Ziele, wobei das eine auf dem anderen aufbaut: diese riesigen Tiere als lebende Organismen zu verstehen und die Frage zu beantworten, wie sie ihre ungeheure Körpergröße erreichen konnten. Die Biologie der Sauropoden wird in drei Fragenkomplexen untersucht: Wachstum und Fortpflanzung, Physiologie und Ernährung sowie Biomechanik. Als Datengrundlage dienen dabei neben den Knochen selbst auch die Knochenmikrostruktur, fossile Eier, die Chemie des Knochens und sehr oft der Vergleich mit lebenden Tieren. Z.B. werden am Institut für Tierernährung der Uni Bonn Untersuchungen zur Verdaulichkeit der mutmaßlichen Nahrungspflanzen der Dinosaurier durchgeführt, von denen viele heute noch wachsen.
Das Verständnis des Energieumsatzes der Sauropoden wird eine zentrale Rolle bei der Gigantismusfrage spielen. Die Frage ist weniger, was die evolutive Zunahme der Körpergröße antreibt (sie ist bekanntlich ein allgemeines Phänomen), sondern was sie bei Elefanten und sonstigen Großsäugern auf ca. 10 t begrenzt, bei Sauropoden dagegen auf 100 t. Vermutlich haben Apatosaurus und Konsorten bei einer oder mehreren Lebensfunktionen grundlegend effizienter funktioniert als andere Landtiere.
Die Forschergruppe wurde im März 2004 von der DFG eingerichtet, und 2007 wurde die Förderung für drei Jahre erneuert. Das Finanzvolumen der zweiten Förderperiode, die bis 2010 läuft, beträgt 2 Mio. Euro. Die Gruppe arbeitet sehr interdisziplinär in 13 Arbeitsgruppen aus 5 Fachrichtungen (Paläontologie, Zoologie, Tierernährung, Geochemie und Ingenieurwissenschaften). Die Forschergruppe ist ortsverteilt und hat ihren Sprecher, Professor Dr. Martin Sander, und ihre Administration am Steinmann-Institut für Geologie, Mineralogie und Paläontologie der Universität Bonn. Vier der Arbeitsgruppen forschen ebenfalls in Bonn, während die anderen Gruppen in Berlin, Bochum, Düsseldorf, Flensburg, Frankfurt, Mainz, München und Zürich angesiedelt sind. Der größte Teil der Mittel dient der Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Form von 15 Doktorandenstellen, 4 Postdoc-Stellen und einem Nachwuchsgruppenleiter. Da die Frage des Riesenwuchses und des Funktionierens extremer Baupläne für die organismische Biologie von grundlegendem Interesse ist, ist die Forschergruppe Teil des Bonner Zentrums für Evolutionsforschung und Biodiversität (ZEBID).
Ein etwa 6 cm langer Bohrkern aus dem Oberschenkelknochen des Sauropoden Janenschia. Der Anschliff zeigt jährliche Wachstumsmarken im Knochen, die bei Erreichen der Geschlechtsreife abrupt enger stehen. Photo G. OLESCHINSKI
Mikroskopbild eines Dünnschliffs aus dem Oberschenkelknochen eines sauropoden Dinosauriers. Die Mikrostruktur des Knochens ist bis ins Detail erhalten. Im äußeren Bereich (oben) sind Wachstumszyklen zu erkennen, während im inneren Bereich ein Knochentyp vorherrscht, wie er für größe warmblütige Tiere typisch ist. Die Bildbreite beträgt etwa 5 mm. Photo M. SANDER
Oberschenkelknochen des Sauropoden Alamosaurus aus der Oberkreide (65 Mio. Jahre) von Texas mit Bonner Student als Maßstab. Photo M. SANDER