Sie sind hier: Startseite Abteilungen Paläontologie Arbeitsgruppen Vertebraten AG Martin Prof. Dr. em. Wighart von Koenigswald Evolution und Mikrostruktur im Zahnschmelz von Säugetieren und Reptilien

Evolution und Mikrostruktur im Zahnschmelz von Säugetieren und Reptilien

schmelz.gif.jpg
Überkreuzung von Prismen und Inter-
prismatischer Matrix in einem Nagezahn
zur Verfestigung der Struktur

 

Der Zahnschmelz ist das härteste Baumaterial, das im Wirbeltierkörper gebildet werden kann. Während der Evolution der Wirbeltiere, speziell der Säugetiere, wird der Schmelz in seiner Struktur erheblich umgebaut. Die Strukturen des Schmelzes enthalten wichtige Informationen zur biomechanischen Anpassung und Phylogenie der Gruppen. Da die Schmelzstrukturen auch im fossilen Material bestens überliefert sind, kann fossiles und rezentes Material mit den gleichen Methoden untersucht werden. Die strukturelle Evolution des Zahnschmelzes zeigt stellenweise recht unerwartete Lösungen biologischer Probleme:

Ein hoher Abrieb während des Kauvorganges wird nicht durch eine Steigerung der Qualität - etwa einer größeren Härte - kompensiert, sondern quantitativ durch den Einsatz von mehr Material in hochkronigen Zähnen.

Die Evolution der Mikrostruktur im Zahnschmelz verfolgt im wesentlichen eine Bruchsicherung bei Zugspannungen. Die verschiedenen Säugetiergruppen Marsupialia, Multituberculata und Gondwantheria einerseits und Placentalia andererseits verfolgen in ihrer Geschichte zunächst verschiedene Strategien der Verfestigung. Erst in späteren Phasen der Evolution wird auch gelegentlich die jeweils andere Strategie eingeschlagen zur Bruchsicherung.

Bei der Evolution der Mikrostruktur kommt es nicht zur Entwicklung eines optimalen Schmelztyps für alle Belastungen. Vielmehr bietet die Kombination verschiedener Schmelztypen in einem Zahn die beste biologische Lösung.

Das Bonner Institut vergrößert ständig die Sammlung von Schmelzproben der verschiedensten Säugetiere, um möglichst weitreichende Vergleiche zwischen den Gruppen zu ermöglichen. Zur Zeit umfasst die Sammlung weit über 3500 Zahnproben.

Mitglieder der Arbeitsgruppe
Wighart v. Koenigswald
Daniela C. Kalthoff
P. Martin Sander

Christa Lindenau, Doktorandin
Carolina Vieytes, Doktorandin (La Plata, Argentinien)

Thomas Bartel, Diplomand

 

Thomas Mörs, NRM Stockholm
Thomas Martin, FU-Berlin

Folgende Projekte werden zur Zeit bearbeitet:

W.v. Koenigswald: Zahnschmelzmikrostrukturen der Soricidae
Th. Mörs, Th. Martin, W.v. Koenigswald: Zahnschmelzmikrostrukturen der Biber
D. Kalthoff: Mikrostrukturen der schmelzlosen Zähne der Xenarthra (Habil)
D. Kalthoff: Schmelzmikrostrukturen in den Incisiven der Eomyidae (Rodentia)
C. Vieytes: Schmelzmikrostrukturen in den Molaren caviomorpher Nagetiere (Dissertation abgeschlossen 2004)
C. Lindenau: Zahnschmelz-Mikrostrukturen der südamerikanischen Ungulaten (Dissertation)
Th. Bartel: Microwear-Analyse am Beispiel miozäner, südamerikanischer Nagetiere (Diplomarbeit)

Zum Thema Zahnschmelz wurde folgendes Buch herausgegeben:
KOENIGSWALD, W.v. & SANDER, P.M. (eds.) 1997: Tooth Enamel Microstructure. - Rotterdam (Balkema).

Zum ICVM-6 in Jena (21.-26. Juli 2001) wurde das Symposium "Tooth Enamel Microstructure" von W.v. Koenigswald, Th. Martin und P.M. Sander organisiert.

Am Institut für Paläontologie wurde von 10.-16. April 2003 ein internationaler Workshop on "Tooth Enamel Microstructure" von W.v. Koenigswald, P.M. Sander und D. Kalthoff durchgeführt.

Neuere Publikationen (chronologisch):

Koenigswald, W. v. (2004): Enamel Microstructure of Rodent Molars, Classification, and Parallelisms, with a Note on the Systematic Affiliation of the Enigmatic Eocene Rodent Protoptychus. - Journal of Mammalian Evolution, 11:127-142;

Koenigswald, W. v. (2004): Tooth enamel microstructure of shrews, an additional set of characters for their classification above the genus level. Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde Sonderheft zu 69:22-23.

MÖRS, TH. & KALTHOFF, D.C. 2004. A new species of Karydomys (Rodentia, Mammalia) and a systematic re-evaluation of this rare Eurasian Miocene hamster. - Palaeontology 47 (6): 1387-1405.

KOENIGSWALD, W. v. 2004. The three basic types of schmelzmuster in fossil and extant rodent molars and their distribution among rodent clades. - Palaeontographica A 270 (4-6): 95-132.

KOENIGSWALD, W.V. 2001. Besonderheiten der Schmelzoberfläche bei Säugetierzähnen. - Lynx 32: 171-181.

KOENIGSWALD, W.V. & MÖRS, T. 2001. The enamel microstructure of Anchitheriomys (Rodentia, Mammalia) in comparison with that of other beavers and of porcupines. - Paläontologische Zeitschrift 74 (4): 601-612.

KALTHOFF, D.C. 2000. Die Schmelzmikrostruktur in den Incisiven der hamsterartigen Nagetiere und anderer Myomorpha (Rodentia, Mammalia). - Palaeontographica A 259 (1-6): 1-193.

KOENIGSWALD W.v. & GOIN, F. 2000. Enamel differentiation in South American marsupials and a comparison of placental and marsupial enamel. - Palaeontographica A 255: 129-168.

FEJFAR, O. & KALTHOFF, D.C. 1999. Aberrant cricetids (Platacanthomyines, Rodentia, Mammalia) from the Miocene of Eurasia. - Berliner geowissenschaftliche Abhandlungen E 30: 191-206.

KOENIGSWALD, W.v., GOIN, F.& PASCUAL, R. (1999): Hypsodonty and enamel microstructure in the Paleocene gondwanatherian mammal Sudamerica ameghinoi.- Acta Palaeontologica Polonica 44: 263-300.

SANDER, P.M. 1999. The microstructure of Reptilian tooth enamel: Terminology, Function, and Phylogeny. Münchner Geowissenschaftliche Abhandlungen 38: 1-102.

In Vorbereitung:

GOIN, J.F., PASCUAL, R., KOENIGSWALD, W,v., WOODBURNE, M. O., CASE, J.A., REGUERO, M. & VIZCAÍNO, S. (in prep): First gondwanatherian mammal from Antarctica.

Artikelaktionen